„Es ist eigentlich alles möglich. Es ist nur etwas langsamer und komplizierter!“
Dieses Fazit von Dr. Dominik Burger, Präsident der Veterinärkommission des ZVCH und Leiter der Reproduktionsstation des ISME in Avenches, umschreibt sehr treffend die aktuelle Situation rund um das Deckgeschäft in der Schweiz.
Nachfragen bei den Reproduktionsstationen und bei Besamungstierärzten in verschiedenen Regionen sowie bei Samenimporteuren bestätigen diese Aussage.
Die meisten Warmblutfohlen entstehen heute durch die künstliche Besamung KB. In der Schweiz ist die Durchführung der KB Sache der Tierärzte. Und diese dürfen zum Zwecke der Behandlung von Tieren ihren Besuchsdienst in den Züchterställen weiterführen, selbstverständlich immer unter Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregeln.
Auch auf der Reproduktionsstation in Avenches hat man sich auf die COVID-19-Situation eingestellt. Die Stuten, die zur Besamung kommen, werden durch den Besitzer telefonisch angemeldet und dann im Stall C der Infirmerie in die zugewiesene Box verbracht. Das Personal des ISME holt die Stute von dort zur Untersuchung. Lässt die Rosse der Stute eine Besamung in den nächsten Stunden zu, wird sie in der Jumenterie eingestallt. Der Kontakt zwischen Besamungstierarzt und Besitzer verläuft ausschliesslich per Telefon. Bei der Abholung der Stute ist das Vorgehen das Gleiche nur in umgekehrter Richtung. Der Stall C der Infirmerie fungiert also als eine Art Schleuse.
Hat eine Stute das notwendige Stadium der Rosse noch nicht erreicht, muss der Besitzer die Stute nach der Untersuchung direkt wieder mit nach Hause nehmen. „Wir wollen aktuell den Pferdebestand auf der Station möglichst niedrig halten, damit wir auch im Fall von Erkrankungen oder Quarantänen der Mitarbeiter die Arbeit bewältigen und die uns anvertrauten Stuten optimal versorgen können.“ sagt Dr. Burger.
Die Sportpferdezucht in der Schweiz hat eine hohe Qualität. Die Züchter beobachten sehr genau die Entwicklungen und Trends in ganz Europa. Gezielt nutzen sie die beste Genetik, die im In- und Ausland angeboten wird. Das ist auch in Zeiten der Corona-Pandemie nicht anders. Allerdings sind die rechtzeitige Planung der Belegung und eine frühzeitige Bestellung des Samens gerade jetzt besonders wichtig. Denn bei der Lieferung des Spermas kann es aktuell zu Verzögerungen bei der Post oder den Logistikunternehmen kommen. Zudem sind die Grenzen für den Warenverkehr zwar offen, die Abfertigung an den Zollstellen erfordert aber gegenwärtig Geduld, eine grosse Flexibilität und starke Nerven, weiss Dr. Carmen Vogt vom Gestüt Grenzland. „Die Anforderungen bezüglich den Begleitdokumenten ändern beinahe täglich.“
Um das Risiko zu minimieren empfiehlt Dr. Muriel Lauper vom NPZ in Bern den Einsatz von Tiefgefriersamen TG. Falls es aufgrund der beschriebenen Probleme zu einer verspäteten Lieferung kommt, ist wenigstens noch der Samen brauchbar, auch wenn man vielleicht den optimalen Besamungszeitpunkt der Stute in dieser Rosse verpasst hat. Oft lohnt sich auch ein Blick auf die Hengstliste oder ein Nachfragen beim Besamungstierarzt, von welchen Hengsten er TG vor Ort im Kübel zur Verfügung hat.
Das schnelle Retoursenden der TG-Container hilft den Gestüten und Hengststationen ihren pünktlichen Service weiterhin zu sichern. Diese Bitte richtet Angelika Furger von der Firma Furger Transporte an die Züchter. Lieferungen aus Grossbritannien waren schon vor der Corona-Krise schwierig. Der Brexit lässt grüssen!
Da in Frankreich die Anti-Corona-Massnahmen besonders einschränkend sind, ist die Samenlieferung aus unserem westlichen Nachbarland praktisch ganz zum Erliegen gekommen. Diese Erfahrung hat auch Dr. Reto Stump gemacht. Ausserdem betont er, dass es aktuell für private Personen aufgrund der Reisebeschränkungen in ganz Europa nicht möglich ist, Samen selber zu importieren.
Die Reproduktionsstationen in der Schweiz und die Hengststationen im Ausland nutzen deshalb den Service von bewährten, professionellen Partnern, die die Logistik und Verzollung des Samens erledigen. Die Züchter können von diesem Netzwerk profitieren. Viele Reproduktionszentren und Besamungstierärzte bieten den Service, dass sie Samen von allen gewünschten Hengsten aus dem In- und Ausland gegen eine Aufwandsentschädigung, wenn immer möglich verfügbar machen.
Da der Pferdesport wegen der Corona-Krise gegenwärtig weltweit ruht und sogar die Olympischen Spiele verschoben wurden, gehen viele vierbeinige männliche Stars ihrer Haupttätigkeit als Zuchthengst nach. So ist unter Umständen Samen von gefragten Vererbern, die sonst nicht mal verfügbar sind, vielleicht sogar in der Frischsamen-Variante zu Aktionspreisen erhältlich. Hier lohnen sich eine Recherche im Internet und der Mut zum Risiko.
Alle Beteiligten, egal ob Hengsthalter, Samenimporteur oder Besamungstierarzt bemühen sich trotz der aktuell schwierigen Verhältnisse den Züchtern einen guten Service zu bieten.
Empfehlungen an die Züchter:
- Samen frühzeitig organisieren und rechtzeitig bestellen! (Vorbestellung, Abklärungen)
- Bei Bestellung Wochenende und Feiertage beachten! (Zollabfertigung geschlossen)
- Plan B: Von welchem Hengst steht kurzfristig TG zur Verfügung, wenn der bestellte Samen nicht pünktlich kommt?
- Zusammenarbeit mit Reproduktionsstationen und erfahrenen Besamungstierärzten. (professionelles Netzwerk für den Samenimport)
- TG-Samen minimiert das Risiko.
- Recherche nach der aktuell besseren Verfügbarkeit von gefragten Sporthengsten kann sich lohnen.
- TG-Container schnell retour senden!
- Samenverwendungsnachweis/Belegausweis verlangen und aufbewahren!
(Grundlage für die Fohlenmeldung im Folgejahr)
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